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News & Aktuelles (Archiv)

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News & Aktuelles | Weichelt, Maik | 26.05.2023 – 31.08.2023

Achtklässler der RSG besuchen den jüdischen Friedhof und das Ritualbad „Mikwe“ in Eppingen

Wenn man das Judentum im Unterricht behandelt hat (Religionsunterricht und Deutschunterricht) und dann die Gelegenheit besteht, die im Unterricht besprochenen Sachverhalte auch real, direkt, vor Ort kennen zu lernen, dann ist es doch prima, wenn man diese Lerngelegenheit seinen Schülerinnen und Schülern ermöglicht. Das dachte sich auch Frau Pfeil von der Realschule Güglingen und trat mit ihrem ehemaligen Güglinger Kollegen Reinhard Ihle in Kontakt. Reinhard Ihle ist seit Jahren nebenbei Stadtführer in seiner Heimatstadt Eppingen und daher ausgewiesener Fachmann für die jüdischen Erinnerungsorte in der Stadt Eppingen. Und er zeigte sich sofort begeistert von der Idee, Schüler/innen seiner ehemaligen Realschule an diese Orte zu führen und ihnen über das blühende jüdische Leben in Eppingen aus früheren Zeiten zu berichten.
So ließen sich die Schüler/-innen am Nachmittag des 25.04.2023 zwei Stunden lang auf diese Führung ein. Anfangspunkt war die Besichtigung des jüdischen Friedhofs. Dieser Besuch begann damit – wie es sich für einen Besuch an jüdischen Stätten als Zeichen des Respekts und der Demut vor Gott gehört –, dass sich die männlichen Schüler und auch ihr Guide Reinhard Ihle zuvor eine Kippa anlegen. Diese große Anzahl an Kippot hatten die Kolleginnen Christine Prüher und Nadine Pfeil zuvor extra für diesen Ausflug in mühsamer Handarbeit gehäkelt. Und diese Kippot verfehlten ihre Wirkung nicht! Sofort richteten sich die Schüler in ihrer Haltung auf – und auch entsprechend deutlich demütiger und andächtiger, also genau richtig für diesen Besuch.
Und dann gab’s Infos: Rund 120 Jahre lang bestatteten hier auf diesem jüdischen Friedhof Juden aus Eppingen und aus den umliegenden Dörfern ihre Gemeindemitglieder. Seit den Schrecken der Naziherrschaft wird hier niemand mehr bestattet – es bleibt aber ein heiliger Ort für die jüdische Gemeinde, denn die Gräber sind „auf Ewigkeit hin“ angelegt. Die Gräber sind nach Osten in Richtung Jerusalem ausgerichtet, die Särge waren damals alle gleich einfach gehalten, um zu zeigen, dass vor Gott im Tod alle gleich sind; kein Blumenschmuck, aber kleine Steine auf den Grabmälern auch heute noch, wenn Nachfahren extra aus den USA anreisen. Dann wurden einzelne Gräber besichtigt, besondere Grabsteinsymbole erklärt: Schofar, Thorarollen, Engeldarstellungen, Hände, Darstellung der Opferungsszene Abraham-Isaak als Bund Gottes mit seinem Volk; Inschriften, die ein positives Licht auf den Verstorbenen richten. Die Schüler/innen waren von der Atmosphäre des Friedhofs sehr berührt, lauschten konzentriert den Ausführungen des ehemaligen Lehrers Ihle und konnten durch ihr Vorwissen vieles zu unterschiedlichen Themen beitragen
Außer dem Friedhof gibt es in der Eppinger Innenstadt noch eine Besonderheit jüdischen Lebens: Das sogenannte Jordanbad, also ein jüdisches Ritualbad, mit Fachbegriff Mikwe genannt. Zu jeder jüdischen Gemeinde gehörte ein solches Tauchbad. Dass aber die Eppinger Mikwe aus alter Zeit auch heute noch erhalten ist und besichtigt werden kann, ist etwas Besonderes. Die Schüler stiegen daher mit großem Interesse und gewisser Ehrfurcht die Stufen zum Wasser hinab und staunten über dieses Ritualbad, das von fließendem Wasser gespeist wurde. So konnten die Schüler/innen konkret erleben und nachvollziehen, was es bedeutet haben musste, wenn man zum Judentum gehöre.
Vor dem Gebäude der Mikwe, an der Außenwand der alten Synagoge (errichtet 1772 und bis 1873 als Synagoge genutzt), ging es weiter mit der Besichtigung des Hochzeitsteins, an dem auch das bis heute übliche Ritual des Zerbrechens des Glases während der Hochzeitszeremonie begangen wurde. Der jüdische Hochzeitstein wurde während der NS-Zeit durch einen Fensterladen abgedeckt und so vor der Zerstörung gerettet.
Und so neigte sich ein sehr lehrreicher, interessanter und bewegender Nachmittag dem Ende zu, der den Schülern sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Mit herzlichem Dank an Reinhard Ihle verabschiedeten sich alle. (EH)